Langstrecke: Zimbo radelt zur Wartburg und zurück

Zimbo Wartburg

Anlässlich des ersten Jahrestages meiner OP an der Aorta wollte ich eigentlich in Norwegen (3 Wochentour) sein, was aber aufgrund der allseits bekannten Lage ja nicht möglich ist. Somit musste halt ein anderes Ziel gesucht werden. Der Brocken war eigentlich der Favorit, aber dann kam mir noch in den Sinn, am 1. Mai sollte ja eigentlich die Fleche d´Allemagne stattfinden – Ziel für Radfahrer aus ganz Deutschland dieser Sternfahrt (min. 360 km Anreise) wäre die Wartburg gewesen. Paar Routenplaner mit dem Ziel eingespeist und hinaus kam dann eine gut 170 km lange Strecke von zu Hause bis zum Mittelpunkt Deutschlands. Die Höhenmeter waren mit so 2000 auch gut vertretbar, also wurde am Vatertag um 5.10 Uhr der Startknopf am Garmin gedrückt und immer schön der Linie auf dem Gerät gefolgt.

Start der Tour
Zum Start der Tour war es kühl – das sollte sich im Laufe des Tages ändern

Quer durchs Pottland (Ausdruck für Insider aus Neuhaus) war zu dieser frühen Stunde keiner unterwegs, warum die ganzen Ampeln da eingeschaltet sind, muss die Politik wissen… Über Dahl ging es Richtung Lichtenau, der Tiefpunkt der Temperatur wurde mit 2,7° angezeigt. Und das mit kurz/kurz und nur ner leichten Windjacke – brrr, also schneller treten damit die Betriebstemperatur nicht zu sehr abfällt. Dazu kam noch leichter Gegenwind, der sich quasi bis Thüringen dazu gesellte. Aber das hatte ich schon nach intensiver Wettervorschau gewusst. Was jedoch nicht auf dem Schirm war, vor und hinter Warburg war es ziemlich nebelig und somit auch hohe Luftfeuchte.

So langsam kam man dann immer mehr auf unbekannten Straßen zügig weiter, erstmals ging es nördlich nach Kassel rein und über die Fuldabrücke und dem Platz der deutschen Einheit Richtung Kaufungen weiter. Überraschend forsch konnte man die Stadt durchqueren, nur an den Bäckereien waren lange Schlangen zu sehen. Verkehr auf der Straße fand kaum statt.

Dieser Umstand erleichterte meine Entscheidung ab Helsa auf der B7 entlang zu fahren. Wirklich kaum Verkehr. Alternativ und auch hier und da drauf gefahren, wäre der Radfernweg Herkules <> Wartburg. Hier sind aber ab und zu Schotterwege zu verzeichnen. Eben einen solchen durfte ich dann kurz vor Hessisch Lichtenau befahren, auf dem Rückweg unbedingt die B7 benutzen war dann im Gehirn eingebrannt.

Kurz hinter H.L. war ein großer Autohof, die A44 wird bzw. ist schon gut (aus)gebaut, was sich auf den Verkehr auf der B7 auswirkt, wie ich am Ende der BAB bei Waldkappel (bitte auf der Landkarte suchen 😉) sehen musste, direkt war mehr Verkehr zu vernehmen. Dann paar km auf dem Radfernweg entlang herrlicher Kulisse im ständigen Sonnenschein bei immer wärmeren Temperaturen, welche jetzt so 11 Uhr schon knapp 20 Grad mehr waren als vor mittlerweile 5 Stunden. 

Ab Rhörda dann habe ich den Radfernweg verlassen und bin der vorgeschlagten Route direkt Richtung Eisenach gefolgt. Der Radfernweg mach noch einen Schlenker über Creuzburg, die paar km wollte ich mir sparen und auch mal paar schöne kleine Dörfer durchqueren. Von Rhörda raus ging es den längsten Anstieg hinauf, schön mit Mukke aus dem MP3-Player. Somit habe ich auch nicht mitbekommen das hinter mir ein LKW mit Tieflader Anhänger war als ich mich mal umschaute. Da strampelst du dich bei guten 10% in gemütlichem Tritt die 150 hm hoch, und dann das. Voll erschrocken, zum Glück nicht den Lenker rumgerissen. Kurz rechts ran, und den LKW vorbeigelassen. Der Klügere gibt nach.

Auf gut 400 m üNN ging es dann immer wieder mal kurz hoch und runter durch die verschlafene Landschaft, ohne zu merken ob man mittlerweile in Thüringen ist oder nicht. So 10 km vor Eisenach ging es dann mit einer Schussfahrt hinab um dann schon alsbald die Wartburg in der Ferne hoch über Eisenach thronend zu erblicken. Am OPEL-Werk vorbei kam dann auch das Ortsschild der Wartburgstadt (Wartburg doppeldeutig, Burg und Auto) und dort das obligatorische Foto geschossen.

Durch die Stadt auf vielen Pflastersteinwegen direkt den Anstieg zur Wartburg hinauf, Sightseeing kommt später. 12 % nach 170 km sind schon mal ne Ansage, am Parkplatz und Eseltourstartpunkt konnte man sich kurz erholen, das Fahrradverbotsschild den letzten Anstieg hinauf profihaft ignoriert und dann bei so 20% den finalen Pflasterweg hinauf – okay, versucht, nach so gut 150 m musste ich dann die gleiche Strecke gehen, war kaum Haftung zu halten und auch war ich fix und fertig. Zahlreiche Besucher durften einen durch genässten Zimbo bewundern.

Imposantes Bürgchen konnte man feststellen, imposanter dann als man durch das Burgtor ins innere gelangte. Rad abgeschlossen und mit den Habseligkeiten im Helm bisschen umhergeschlendert. Schade das ich keinen Euro klein dabei hatte, da wäre ich gerne den Turm hoch, sicherlich ein Top Blick auf die Burg. Muss ich halt nochmal wiederkommen. Paar Fotos wie immer mal auf der Hinfahrt geschossen, eine original Thüringische Bratwurscht gegessen und dann ging es wieder hinab in die Stadt. Bach- und Lutherhaus angeschaut sowie noch etwas rumgecruist. An einer Ampel auf einmal 6 gleichgesinnte getroffen, nach kurzer Konversation erfahren wie es so in Thüringen läuft mit den Einschränkungen. Auch nicht viel besser als bei uns in NRW.

Auf dem Heimweg entschloss ich mich direkt mal einer Hauptstraße zu folgen anstatt über das Hochplateau zu fahren, und schon paar km weiter kam das große Schild mit dem Hinweis das hier bis 1990 die innerdeutsche Grenze verlief. Lustig zu sehen, vorher war bester Rollasphalt, in der BRD dann erheblich schlechter mit diversen Unebenheiten wie man sie halt kennt. In dem kleine Ort Herleshausen direkt am Weg ein Brunnen erblickt, zwar kein Trinkwasser, aber fürs Frischmachen reichte der komplett aus. Wie ne Dusche hat sich das angefühlt. Gute 25° waren am frühen Nachmittag, gar nicht so mein Fall. Vor allem wenn es dann auch wieder länger aber locker hinauf ging. Zum Glück auch mal länger im Schatten spendeten Wald.

Zwischendurch festgestellt das mein Wasser aufgebraucht ist, höflich einen älteren Herrn am Wegesrand gefragt ob es im Ort einen Brunnen mit Trinkwasser geben würde. Ja, einen Brunnen gebe es, aber ob der Trinkwasser hat wusste er nicht. War aber auch nicht nötig, er bat mich in seine Küche zum abzapfen. Dabei kurz unterhalten und auf die Frage woher ich komme sah man wieder wie klein die Welt ist. Seine Nachbarn sind nach Sennelager gezogen.

Auf dem bekannten Autohof dann ein Sportlergericht mit 2 Cheeseburgern und einem Eis mit Karamellsauce genossen, Wasser wieder aufgefüllt und frisch gemacht für die restlichen 120 km. Zum Glück war ja Feiertag, die B7 war weiterhin für Rennradler gut befahrbar. Kassel ging auch recht flott, mal nen lecker Eistee geholt und bis Warburg die gleiche Strecke wie hin gefahren. Dann jedoch über Willebadessen und Herbram nach Hause. Den langen Anstieg nach Kleinenberg wollte ich mir nicht mehr antun.

Verpflegung
Kurze Stärkung auf dem Rückweg

Zu Hause dann erleichtert angekommen, kein Defekt, keine brenzlige Situation, Feiertagmodus sozusagen – oder etwa Corona bedingt? Ausstattungsmäßig auch alles gepasst, hätte noch genug Proviant dabeigehabt, aber dieses Sportlermenü bei McDoof hat doch ganz gutgetan. Trotz der knapp 3° zwischendurch war die Entscheidung richtig. So unnötigen Ballast erst gar nicht mitgenommen. Ballast waren aber die Lichter, weil die Tour ist so gut gelaufen, dass ich komplett in der Helligkeit unterwegs war. Kann man ja vorher nicht wissen.  

So, des wars, die längste Tour bisher in 2020, längere werden folgen, vielleicht aber auch nicht. Auf jeden Fall gut zu wissen was wieder machbar ist. In diesem Sinne – Kette rechts, oder links, oder mittig – egal Hauptsache raus in die frische Luft.

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