Porridge zum Frühstück

Fiona Schröder (22) legt im winterlichen Rennrad-Paradies Mallorca die Grundlage für die anstehende Straßen-Saison – und zwar erstmals als Profi.

Ihr Lebensmotto: „Einfach machen und dann mal gucken, was passiert.“ Dieser Mix aus Mut und Unbekümmertheit hat Fiona Schröder weit gebracht. Mitunter mute es gar ein wenig surreal an, wenn die Radrennfahrerin, die beim RT Borchen begonnen hat, die zurückliegenden gut zwei Jahre Revue passieren lässt. Eben noch semi-professionelle Saxofonspielerin, heute Sportprofi. Mit Haut und Haaren hat sich Fiona Schröder dem Rennradsport verschrieben. Heuer hat sie es sich den Winter über auf Mallorca gemütlich gemacht, dem Paradies für Pedaleure. In Sineu, geografische Inselmitte, hat sie ein Apartment angemietet. „Du kannst dir den Arbeitsplatz schön machen oder auch nicht“, grinst die 22-Jährige verschmitzt.

Zum Frühstück gibt es meist Porridge. Dieser Getreidebrei aus Haferflocken und Wasser gilt mit seinen Kohlehydraten und Ballaststoffen als idealer Energielieferant. Immerhin verbrennt Fiona Schröder bei einer Ausfahrt gut 3000 bis 4000 Kalorien. Drei bis fünf Stunden täglich radelt am Tag, wobei auch mal freie Tage auf dem Plan stehen. „Ich fahre nicht nach Kilometer, sondern nach Zeit“, erläutert sie. Wie beim morgendlichen Check-In mit Trainer Daniel Healey (der ebenfalls die siebenfache Weltmeisterin und Olympiasiegerin Lisa Brennauer betreut) besprochen, streut sie Intervalle über und unter der Schwelle ein.

Mallorca: Es ist die Kombination aus flachen Regionen, den Bergpässen der Sierra de Tramontana und der abschüssigen Küstenlinie, die die Mittelmeerinsel zu einem Fahrrad-Paradies machen. Zur perfekten Infrastruktur mit abwechslungsreichen, ruhigen Straßen und unzähligen Routen gesellt sich das passende Klima, in der Regel Wintersonne. Ende Dezember waren es an die 20 Grad. „Die Voraussetzungen hier sind top. Du kannst dich voll fokussieren“, erzählt Fiona Schröder. Und überhaupt: „Du triffst immer irgendwen von irgendwo, mit dem du zusammen fahren kannst. Die Leute hier sind cool, viel entspannter als in OWL.“ Das Training falle gefühlt „viel leichter. Das sind wichtige Grundlagenkilometer hier. Mal schauen, wo die Reise hingeht.“ Fiona Schröder (Kampfname: „The German Diesel“) ist Profi in eines irischen Rennstalls. In ihrem UCI Continental-Team Torelli-Cayman Islands-Scimitar (www.teamtorelli.com) fahren 14 Frauen aus sechs verschiedenen Nationen. Darüberhinaus ist sie in der virtuellen Welt als eCycling-Profi unterwegs. Mit dieser neuen Disziplin hatte 2019 ihre Leidenschaft begonnen. „Was anfangs nur Hobby war, hat sich zum beherrschenden Thema meines Lebens entwickelt.“

Kurze Pause auf Malle: Fiona Schröder (vorne links) mit Kollegen, die Malle gleichfalls als Terrain schätzen. Foto: privat

Die ausgebildete Werkzeugmechanikerin lässt ihr 2020 begonnenes Studium für Angewandte Sportwissenschaften an der Universität Paderborn aktuell ruhen, um auf Malle Grundlagen dafür zu legen, die nächste Stufe des professionellen Rennsports zu erklimmen. „Studium und Profisport mit den ganzen notwendigen Reisen; das beides zusammen funktioniert nicht im deutschen System.“

Zu dem Netzwerk, das sie sich aufgebaut hat, gehört mit Martin Drohsel (Kiel) auch ein Mentalcoach. Der stand ihr etwa zur Seite, nachdem sie sich im Oktober 2020 das Schlüsselbein gebrochen hatte. „Die Platte ist im Oktober 2021 entfernt worden, alles ist inzwischen verheilt. Das Risiko von Stürzen ist im Straßenradsport immer da und gehört dazu. Ein heftiger Sturz reicht, um unbewusste Ängste zu gebären. Wenn also mal etwas schiefgeht, ist es gut, wenn du jemanden hast, der mentale Blockaden aufspüren und auflösen kann.“

So ein Profi-Dasein ganz ohne Management birgt noch ganz andere Anforderungen. „Ob Flüge zu den Rennen buchen oder Sponsorenakquise – ich mache alles alleine.“ Stichwort: Steuererklärung. Fiona Schröder verdreht die Augen. „Das ist super kompliziert. Da gelten Einnahmen mal als gewerbliche Nutzung, andere wiederum sind freiberuflich aus sportlicher Tätigkeit und so weiter. Das muss alles säuberlich in der Buchhaltung auseinanderklamüsert werden. Ohne Steuerberater kommst du nicht klar.“

Auf Youtube pflegt sie einen eigenen Kanal (Fiona‘s Race TV). Der Spirit kommt rüber: Diese junge Frau lebt ihren Traum. Noch in der zweithöchsten Frauenliga auf dem Globus hinter der World Tour. Ihre Devise für 2022: „So viele Rennen fahren wie möglich und Erfahrungen sammeln, in Europa und weltweit.“ Fiona Schröder ist gierig aufs Lernen; darauf, Instinkte zu schulen, wann Attacken zu fahren sind. Gegen echte Gegnerinnen, auf echten Steigungen und echten Kehren, mit echten Remplern; sich auf nassem Asphalt den Wind um die Nase wehen zu lassen und mit dem Peleton über echtes Holperpflaster zu rattern. Solche Unabwägbarkeiten lassen sich auf der Rolle in der virtuellen Welt nicht 1:1 simulieren. Fiona Schröder, die unglaublich hohe Wattzahlen für einen bestimmten Zeitraum treten kann: „Du siehst bei Zwift nur die Watt pro Kilogramm-Werte. Der imaginäre Avatar sieht immer frisch aus. Du weißt nicht, wie die anderen im Feld wirklich leiden.“

Für den 18. April ist in Belgien ihr erstes UCI-Straßenrennen als Profi terminiert, die Tour de Mouscon. Mitte Mai folgen in Frankreich La Classique du Morbihan und der Grand Prix du Morbihan. Nationaler Saisonhöhepunkt sollen die Deutschen Meisterschaften im Einzelzeitfahren im Sauerland sein, auf einem Rundkurs um Marsberg (24. bis 26. Juni). Fiona Schröder: „Auch wenn es sich doof anhört: Corona hat mich unterstützt auf dem Weg, mich in Ruhe weiterzuentwickeln. Das war die coolste Zeit, die ich je hatte. In 2020 und 2021 bin ich ziemlich durch die Decke gegangen. Ich genieße das Jetzt und freue mich, wie es gerade läuft.“

Quelle: Westfalen Blatt 25.02.2022

Foto: Pedro Willi, Nils Brinsmead

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